
Exzentrisches Training: Die Bedeutung der negativen Phase für Kraft und Muskelwachstum
Exzentrisches Training, oft als "negativ" bezeichnet, ist ein essenzieller Bestandteil des Krafttrainings. Während sich viele auf die konzentrische Phase eines Lifts fokussieren, in der das Gewicht aktiv bewegt wird, bietet die exzentrische Phase erhebliche Vorteile für den Kraftaufbau, das Muskelwachstum und die Verletzungsprävention. Dennoch wird diese Phase oft vernachlässigt oder nicht bewusst in das Training integriert. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass gezieltes exzentrisches Training sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Athleten signifikante Fortschritte mit sich bringen kann.

Was ist exzentrisches Training?
Die exzentrische Phase tritt auf, wenn sich ein Muskel unter Last verlängert. Dies geschieht beispielsweise beim kontrollierten Absenken einer Hantel beim Bankdrücken oder beim langsamen Nachgeben in der Kniebeuge. Im Vergleich zur konzentrischen Phase ist die exzentrische Phase besonders effektiv, da die Muskulatur in diesem Bereich mehr Spannung aushalten kann. Studien zeigen, dass Menschen in der exzentrischen Bewegung oft 20–50 % mehr Gewicht kontrollieren können als in der konzentrischen Phase.
Die mechanische Belastung in der exzentrischen Phase führt zu Mikroverletzungen in den Muskelfasern, die wiederum den Muskelaufbau stimulieren. Zudem verbessert sich die Koordination und neuronale Ansteuerung der Muskeln, was langfristig zu einer besseren Kraftentwicklung führt.

Wissenschaftliche Grundlagen
Zahlreiche Studien bestätigen die positiven Effekte von exzentrischem Training. Hier einige zentrale Erkenntnisse:
Muskelwachstum: Exzentrische Bewegungen aktivieren mehr Muskelfasern und führen zu einer stärkeren Hypertrophie als konzentrische Bewegungen (Schoenfeld, 2017).
Kraftsteigerung: Studien zeigen, dass Athleten, die exzentrisches Training in ihr Programm integrieren, eine signifikant höhere Maximalkraft entwickeln als jene, die nur konzentrisch trainieren (Suchomel et al., 2019).
Verletzungsprävention: Sehnen und Bänder profitieren von exzentrischer Belastung, was langfristig zu einer besseren Belastbarkeit führt (LaStayo et al., 2003).
Erhöhte Kollagensynthese: Exzentrisches Training trägt dazu bei, Sehnen widerstandsfähiger gegen Verletzungen zu machen und deren Heilung nach einer Verletzung zu beschleunigen.
- Verbesserte neuromuskuläre Kontrolle: Die bewusste Kontrolle der negativen Phase verbessert die inter- und intramuskuläre Koordination, was in funktionellen Bewegungsmustern Vorteile mit sich bringt.

Vorteile des exzentrischen Trainings und Methoden zur Integration
Vorteil | Beschreibung |
---|---|
Mehr Muskelaufbau | Durch die stärkere Belastung der Muskelfasern führt exzentrisches Training zu einer intensiveren Hypertrophie. |
Verbesserte Kraftentwicklung | Da man in der exzentrischen Phase mehr Last bewältigen kann, kommt es langfristig zu einer besseren Kraftentwicklung. |
Schnellere Regeneration | Obwohl es größere Mikrotraumata verursacht, führt es langfristig zu einer besseren Anpassung und Regeneration der Muskulatur. |
Reduziertes Verletzungsrisiko | Die Stärkung von Sehnen und Bändern hilft, typische Sportverletzungen zu vermeiden. |
Effizientere neuromuskuläre Kontrolle | Die Kontrolle über das Gewicht verbessert die Koordination und Stabilität während der Bewegung. |
Langsames Absenken | Kontrolliertes Absenken für 3–5 Sekunden maximiert die Aktivierung. |
Überladungsmethoden | Nutzung von schwereren Gewichten als in der konzentrischen Phase durch Partnerhilfe oder Maschinen. |
Exzentrische Fokusübungen | Übungen wie Nordic Curls oder exzentrische Klimmzüge gezielt ins Training einbauen. |
Isolierte Exzentrik-Sätze | Spezifische Sätze mit Fokus auf die negative Bewegung zur Maximierung der Spannung. |
Exzentrisches plyometrisches Training | Anwendung auf explosive Bewegungen wie Sprünge zur Verbesserung der Schnellkraft. |

Anwendung im Training
Langsame negative Phase
Bewusstes Absenken für 3–5 Sekunden pro Wiederholung
- Besonders effektiv bei Grundübungen wie Kniebeugen und Bankdrücken
Exzentrische Überlastung
Mehr Gewicht in der negativen Phase verwenden (z. B. durch Spotter-Unterstützung)
- Ideal für Fortgeschrittene
Exzentrisch betonte Übungen
Nordic Hamstring Curls für die hintere Oberschenkelmuskulatur
- Negativ-Klimmzüge für den Latissimus

Beispieltrainingsplan
Übung | Sätze | Wiederholungen | Tempo (Exzentrisch) |
Kniebeuge | 4 | 6-8 | 4 Sekunden |
Bankdrücken | 4 | 6-8 | 4 Sekunden |
Kreuzheben | 3 | 5-6 | 3 Sekunden |
Klimmzüge (negativ) | 3 | 5-6 | 5 Sekunden |
Nordic Curls | 3 | 6-8 | 5 Sekunden |
Langhantel Curls (negativ) | 3 | 6-8 | 4 Sekunden |

Risiken und Kontraindikationen
Obwohl exzentrisches Training viele Vorteile bietet, ist es auch mit einem erhöhten Risiko für Muskelkater und Überlastung verbunden. Die starken mechanischen Spannungen können ohne ausreichende Erholung zu Überlastungsschäden führen. Daher sollten Anfänger mit Vorsicht agieren und die Intensität allmählich steigern.
Empfehlungen:
Nicht jedes Training ausschließlich auf Exzentrik fokussieren
Genügend Regenerationszeit einplanen
- Mit leichteren Gewichten beginnen und Progression langsam steigern

Fazit
Exzentrisches Training ist ein leistungsstarkes Werkzeug zur Steigerung von Muskelmasse, Kraft und Verletzungsresistenz. Durch die gezielte Integration in das Training lassen sich signifikante Fortschritte erzielen. Wer langfristig stärker, muskulärer und widerstandsfähiger sein möchte, sollte die negative Phase eines Lifts gezielt nutzen. Die bewusste Integration von langsamen negativen Wiederholungen oder exzentrischer Überlastung kann die Trainingsfortschritte erheblich beschleunigen.
Quellen
Schoenfeld, B. J. (2017). Science and Development of Muscle Hypertrophy. Human Kinetics.
Suchomel, T. J., Nimphius, S., & Stone, M. H. (2019). The importance of muscular strength in athletic performance. Sports Medicine, 49(2), 187-204.
- LaStayo, P. C., Woolf, J. M., Lewek, M. D., Snyder-Mackler, L., Reich, T., & Lindstedt, S. L. (2003). Eccentric muscle contractions: Their contribution to injury, prevention, rehabilitation, and sport. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy, 33(10), 557-571.